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Sozialismus auf der Baustelle
Report von Willi Kothny

Meldung vom 22.02.2005, Copyright www.kothny.de

Hallo Erik,

lange habe ich meinen Job als Informationsgeber vernachlässigt. Leider hatte ich meinen Fotoapparat die Tage auch nicht bei mir, sodass ich keine Bilder machen konnte. Dabei ist eine ganze Menge passiert. Das kannst du bei www.da_geht_einiges.de nachlesen.

NEIN, das war ein Witz. Wie gesagt, hier geht einiges ganz schön krass ab. Wo soll ich anfangen? Fangen wir bei deinem Brief an die Malteser an. Der ist ok. (Weil sich an der Baustelle der Malteser ausser der Fahne nichts bewegt, hatte ich dem Head Office in Köln vorgeschlagen, die Baustelle an Willi abzugeben). Ich habe nur trotzdem ein ungutes Gefühl dabei, denn es könnte ja dann so aussehen, als hätte ich dem Projektleiter keine guten Tipps gegeben. Dabei habe ich ihm alle Preisvergleiche abgenommen. Ich gehe aber eher davon aus, dass ihr Man vor Ort eher ein Träumer ist, der dann irgendwann gemerkt hat, dass man auf einer 1 Euro Vertragsbasis eben doch nicht glücklich werden kann. Ich weiß selber noch nicht, wie es auf der Malteser-Baustelle weiter geht. Egal, das ist nicht mein Problem. Auf unserer Baustelle ist alles in Ordnung. Ich selber bin auch OK und du brauchst dir echt nicht solche Gedanken machen.

Zum Report: 17. Feb. 2005:

Am Tage vor der Abfahrt unserer ersten ”Helden der Arbeit”, Horst und Jörg, habe ich mit der Landesregierung in Taguapa erreicht, dass sie mir ein Baufahrzeug für zwei Tage geliehen haben. Der Bagger kompensiert ein wenig das Fehlen der beiden.




Danach wollte Jörg eine Party schmeißen, da sie ja Tags darauf ihren Heimweg antreten mussten. Jörg hat gemeint, dass er die harte Arbeit schon noch gegen Ende ganz schön gemerkt hat. Er war kaputt, aber bei der Party war er dann wieder fit, um zusammen mit Horst das Hausschild mit ihren und dem Namen des Hausbesitzers neben der Haustür des ersten Hauses anzubringen:




Am Tag nach der Party am 18. habe ich noch mal eine Ansprache gehalten und Jörg und Horst auch offiziell gedankt. Bei diesem Meeting erfuhr ich, dass die Leute, die ein Haus bekommen, entschieden haben, auf 20 Baht ihres Lohnes zu verzichten: Statt 170 Baht wollen sie nur 150 Baht. Mit den 20 Baht wollen sie die ”Gast”-Arbeiter aus Deutschland bezahlen, da diese bis jetzt nichts bekommen hatten.

Dies war also eine Entscheidung der Morgans selbst und hat keine Folgen für unseren Haushalt. Ich habe das Thema der ausländischen Helfer selbst ansprechen wollen, als sich einer der Arbeiter mit dem Vorschlag gemeldet hat, ihre eigenen Gehälter zugunsten ihrer Freunde zu verringern. Die Dankbarkeit der Morgans ist unbeschreiblich: Die Frauen z.B., die das tägliche Essen kochen, weigerten sich von Anfang an, für ihre Arbeit Geld zu nehmen. Es sei für sie eine Ehre für die Bautrupps zu kochen.

Für mich ist dies ein unbeschreiblicher Solidaritätsbeweis, da er die freundschaftliche Verbundenheit zeigt. Dies erhöhte zudem so unglaublich die Arbeitsmoral aller Leute, dass unser Ziel, die Baustelle bis 26. März fertig zu haben, sogar in realistische Nähe rückt.

Ich glaube zwar noch nicht ganz daran, eine Punktlandung zu machen; so sehr ich mir das auch wünsche. Wir werden vermutlich ein paar Tage Verzögerung haben. Dies ist aber egal. Die Stimmung auf der Baustelle ist so genial, dass sogar eine Reporterin von ”channel 7” hier aus Thailand nach fast täglich nach ihrer Arbeitsschicht vorbei schaut und mit anpackt. Sie war auch mit uns in Kuraburi und da werde ich noch mal einen Bericht nacharbeiten müssen ...

Willi

PS.: Papa, bitte korrigiere den Brief auf Fehler und mach alle notwendigen Änderungen rein, denn ich bin so müde, dass ich einfach nur auf die Tasten haue und nicht groß über die ”Treffer” nachdenke. (ist passiert)

Bitte korrigiere und ”stele mich nicht als vollidiot der nation hin” (ist aus Authentizitäts-Gründen nicht korrigiert)


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