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Bootsbau angeschoben
Report von Willi Kothny

Meldung vom 24.02.2005, Copyright www.kothny.de


Hallo Erik,

zur Nachbearbeitung der vergangenen Tage:

Samstag, 19. Februar 2005

Die Leute haben mich gefragt, ob ich den freien Montag auf den Sonntag verlegen könnte, da sie einen neuen Vertreter für diese Region wählen wollten.

Ich habe dem natürlich zugestimmt. Aber das Ganze war bloß ein Trick. Die Morgans wussten, dass ich am Sonn- tag weg bin, um mich in den Nachbarorten umzusehen. Und mein Wegsein haben sie dann genutzt, um heimlich zu arbeiten. Die wussten genau, dass ich auf einer Pause bestanden hätte. Und dann haben sie auch gleich am Montag noch eine Zusatzschicht eingelegt.


Sonntag, 20. Februar 2005

An diesem Sonntag war ich in Kuraburi und Koh Prathong (80 km nördlich von Ban Bangsak). Hier war ich unter anderem auf dem Tempelgelände von Wat Sammakee.

Auch hier arbeitet der Abt gegen Ungerechtigkeit und wurde für sein Verhalten zu Beginn auch von den zuständigen Behörden in seiner Gegend beleidigt. Und da frage ich mich, dass Thailand ein buddhistisches Land sein soll? Egal, es geschieht hier einiges, und da muss man genauso aktiv gegenhalten. Negative Energie muss mit Positivem bekämpft werden.

Doch zuvor hatte unser Team auch viel Spaß. Abfahrt von Ban Bangsak um 07:00 o’clock. Ankunft am Bootssteg um 09:00 o’clock. Hier Überfahrt ca. ½ Stunde, bis wir auf Koh Prathong, Moo 2 ankamen. Dies ist ein Dorf auf der meer- abgewandten Seite, welches kaum Verlust zu verbuchen hatte. Weiter ging es mit einem Geländewagen 4-Wheel.

Von einem Einheimischen, der uns übrigens auf dem Bau hilft, erfahren wir, dass der Dorfälteste von Moo 2 sehr intel- ligent ist, und in der Lage war, Spendengelder von Moo 1 zu Moo 2 umzuleiten. Der Dorfälteste von Moo 1 hingegen ist ruhig und sehr zurückhaltend; so zurückhaltend, dass er das alles ohne Widerspruch geschehen lässt. Und dabei ist seine Moo 1 viel schwerer betroffen ist, als Moo 2.

Die Insel ist so aufgeteilt, dass am unteren Zipfel Moo 1 liegt, auf der meerabgewanden Seite in der Mitte Moo 2 und oben Moo 4. Mr. Lung (Name aus Sicherheitsgründen geändert) hat uns geschildert, dass die Situation hier dramatisch ist: Die meisten wollen zurück. Doch haben sie Angst, da ihr Arbeitsgrundlage durch den Tsunami weggespült wurde. Wie sollen sie jetzt noch Geld verdienen? Und dann sollen sie auch noch den Landlords auf der Insel ihre früheren Schulden bezahlen.

Eine Rückkehr würde für viele eine Schuldknechtschaft nach sich ziehen. Dennoch wollen einige zurück, andere wollen weiter in den Bergen hausen.

Ein dramatisches Beispiel: Ein Teenager hat bei dem Tsunami seine Eltern verloren und sollte aus Spendegeldern ein Longtail Boot bekommen. Er wollte das Geld gerade in Empfang nehmen, als ihm dieser Landlord sagte, er könne das Geld gleich bei ihm abliefern, da seine Eltern ihm noch 30.000 Baht (ca. 600 Euro) schulden würden. Es blieben dann immer noch 20.000 Baht (ca. 400 Euro), bis die Schulden der toten Eltern abbezahlt seien.

Anderes Beispiel: Bei dem Gespräch mit einem Dorfältesten habe ich gemerkt, dass dieser gar nicht an Soforthilfe interessiert ist, sondern lieber seine Leute in den Notunterkünften schmoren lässt und auf Cash von der Regierung und anderen Organisationen hofft. Er hat auf unsere Frage mit so einer Gelassenheit geantwortet und einer Gleichgültigkeit reagiert, dass ich das direkte Gespräch mit den Dorfbewohner gesucht habe. Diese aber waren so eingeschüchtert, dass sie auf jede Frage immer nur sagten, dass alles die Entscheidung des Dorfältesten sei.

Die Informationsreise dauerte so lange, dass die Flut kam und wir am Ende durch die Mangroven waten mussten.

Egal: Auf unserer Weiterfahrt auf der Suche nach Boots- bauern kamen wir dann im Wat Sammakee vorbei. Dort hatten wir ein Gespräch mit dem Abt. Dieser hat uns gesagt, dass er gerade einen Crashkurs für die Ein- heimischen organisiert. Sein Plan:

Zwei Boots-Architekten von einer Universität haben die Federführung und werden die Kursteilnehmer in der Kunst des Longtail-Boots-Baus einweihen Nach Abschluss gibt es eine Prüfung und ein Zertifikat. Damit könen sie dann in ihren Heimatdörfern ihre eigenen Projekte aufbauen. Auch wir wollten mit unserem Dorf Ban Bangsak miteinbezogen werden.

Wir haben erst einmal das Projekt mit Werkzeugen und Holz für zwei Boote angeschoben. Damit braucht sich jetzt der Abt nicht mehr mit korrupten Dorfältesten und anderen A..... herumschlagen.


Dienstag, 22. Februar 2005

Der Abt hat angerufen, dass die Werkzeuge kommen und hat uns für heute eingeladen. Zur Zeit sucht Mr. Doo nach den Hölzern für die Boote. Mr. Doo ist unser Minibusfahrer und hat sich sehr bewährt. So gesehen hat es sogar einen Vorteil, dass es die großen deutschen Autokonzerne abgelehnt haben, uns mit einem Leihwagen zu unterstützen. Wie wären wir sonst an Mr. Doo gekommen?

Ban Bangsak hat jetzt zwei Kursteilnehmer ausgesucht: Mr. Ninn, der eigentlich schon Bootsbauer ist, aber sicher einen Auffrischungskurs vertragen kann, und Mr. Chokdee, ein Teenager, der damit eine Berufsausbildung bekommt. Das Wichtigste ist, dass sie beide einen Abschluss bekommen und damit für später eine Lebensgrundlage haben.

Mittwoch, 23. Februar 2005

Ich bin der Einladung des Abtes gefolgt und befinde mich in Wat Sammakeetam, (50 km. nördlich von Takuapa). Du hast gerade angerufen und einen Teil der Rede des Abtes gehört. Ich habe meine beiden Leute, Mr. Ninn und Mr. Chokdee, dem Abt vorgestellt. Wenn die Holzlieferung da ist, kann er hier los gehen.

Ich selbst muss nach Ban Bangsak, um Edgar und Günther zu verabschieden. Stress pur, aber es ist positiver Stress, weil es Freude macht so effektiv helfen zu können.

Willi


Achtung: Unser Webmaster Martin Lehmann fährt jetzt (auf eigene Kosten) zu Willi. Er wird Anfang März mit einer kleinen Fotoreportage zurückkommen. Es wird deshalb eine Woche lange keine News geben. Sollten wichtige Meldungen anliegen, werden sie im Newsflash veröffentlicht.


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