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Heißsporn „Mungo” lief sich diesmal tot
Koblenzer Kothny im Säbel-Achtelfinale gestoppt - Bauer verschoben


Bericht von Dirk Kurz in der Rhein-Zeitung, 06.11.1999

Seoul: Diesmal war es den deutschen Säbelfechtern nicht vergönnt, für eine Überraschung auf der Planche zu sorgen. Trotzdem war Bundestrainer Joachim Rieg nach dem WM-Einzel in Seoul voll des Lobes: „Die Jungs haben sensationell gefochten.”

Überraschungsgast ist man stets nur einmal. Willi Kothny hat diesen Nimbus im Sommer bei der Fecht-WM in Bozen in Anspruch genommen, als sich der 20-jährige Youngster aus Koblenz zum Entsetzen von Weltmeister Tarantino alles andere als respektvoll erwies, im Finale den letzten Hieb austeilte und Europameister wurde. „Mungo”, wie sie den wieselflinken Koblenzer mit dem temperamentvollen und sprunggewaltigen Stil rufen, säbelte in Tirol alles von der Planche.

Bei der WM in Seoul musste der Koblenzer nun feststellen, „dass ich für viele kein Unbekannter mehr bin.” Wobei diese Einschätzung vornehmlich dem Weltranglisten-Sechsten Jean-Philipp Daurelle galt, der ihn im Achtelfinale aus dem Wettbewerb geworfen hatte. „Er hat meine Taktik total für sich ausgenutzt und mich totlaufen lassen”, lobte der Jüng-
ling nach der 9:15-Niederlage den 36-jährigen Senior.

Gegen den ausgebufften Franzosen war Willi Kothny unent-
wegt, bisweilen aber auch einfach nur ungestüm angerannt und hatte sich so immer wieder Parade-Reposte-Treffer ge-
fangen. „Ich bin wohl noch zu sehr Heißsporn”, beurteilte der Koblenzer die eigene Vorgehensweise. „Manchmal will ich noch zu schnell zurück auf die Bahn und fechten, an-
statt mir eine Taktikvariante zu überlegen.”

Nun hatte niemand im Deutschen Fechter-Bund von Willi Kothny, der in diesem Jahr schon Junioren-Weltmeister geworden und in Seoul als 15. erneut bester deutscher Sabreur war, ein abermaliges Husarenstück wie in Bozen erwartet. Viel wichtiger, befand Bundestrainer Joachim Rieg, sei „die deutliche Steigerung des Teams gegenüber dem Vorjahr” gewesen. Bei der WM in der Schweiz hätte sein Quartett nur „biedere Hausmannskost” geboten, diesmal, so Rieg, „haben sie sensationell gefochten”.

Allein: Die Obleute waren bisweilen anderer Ansicht. Und so war in der Runde der letzten 16 auch für den Tauberbischofsheimer Michael Huchwajda, der dem Russen Alexei Frossine mit 14:15 unterlag, Endstation. „Der Siegtreffer war genau andersherum”, rekapitulierte Rieg.

Dennis Bauer, Kothnys Vereinskollege von der FG CTG-Königsbacher Koblenz, traf es besonders hart. Gleich im ersten K. o.-Gefecht der Direktausscheidung wurde der 18-Jährige Opfer des Kasachen Vilor Diakokin - der ihm nicht auf der Planche gegenüber, sondern neben derselben stand und jurierte. „Gna-
denlos verschoben” worden sei sein Schützling, wetterte Coach Eberhard Mehl auf der Tribüne.

Das Wichtigste aller Gefechte steht Kothny, Bauer & Co. am Montag aber noch bevor, wenn es um die Olympia-Qualifikation geht. An Nummer fünf gesetzt, benötigen die deutschen Säbler lediglich einen Auftaktsieg im Achtelfinale. „Der kleene Willi”, so verriet Präsidentin Erika Dienstl, „hat mir jedenfalls versprochen, sich wieder voll reinzuhängen.”


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